Mittwoch, 12. Dezember 2012

Gespalten

Da ist es wieder: dieses schizophrene, dieses paradoxe Gefühl, was ich immer bekomme, sobald sich mein Verstand mit einer Thematik intensiver auseinandersetzt. Heute im Diskurs: „Islamophobie“.
Henryk M. Broder und Hagen Rether könnten, was ihre Meinung zur islamischen Kultur anbelangt, unterschiedlicher nicht sein. Paradoxerweise haben beide irgendwie recht.
Rether beschwert sich darüber, dass Politiker in Talkshows ständig Kund geben oder vermitteln, dass der Islam nicht mit dem westlichen Demokratieverständnis zusammengehe. Das setze ein falsches Signal. Auch die Thesen von Sarrazin schürten weiteren Hass. Islamisten sterben für ihre Religion. Gefährlich. Recht hat er.
Auf der anderen Seite hat Sarrazin ein Recht auf Meinungsfreiheit genau wie Rether. Broder ist der Überzeugung, dass die Kultur im westlichen Europa wesentlich höher entwickelt ist als in den islamischen Ländern. Für ihn ist das keine Überheblichkeit, denn genau aus diesem Grund kommen eben diese Menschen zu uns – um Demokratie zu erfahren. Nur erwartet er, dass sie sich auch entsprechend anpassen und zur Aufrechterhaltung dieser höheren Kultur (keine öffentlichen Steinigungen ect. pp.) beitragen.
Rether würde das sicherlich wieder als überheblich und zynisch bezeichnen. Für ihn ist der Islam eher eine Art Opfer. So sagt er, gäbe es keine Vergeltungsschläge der amerikanischen Regierung gegen Katholiken, die in ein Hochhaus rein fliegen würden. "Oder können Sie sich vorstellen, dass die Amis Rom bombardiert hätten?" Aber zum Glück habe ja wieder alles gepasst. Broder hingegen gibt zu bedenken, dass eben deshalb alles so gut passe, weil man hierzulande wenig von katholischen Gläubigern gehört hat, die in ein Hochhaus eingeschlagen sind. Zudem findet er es merkwürdig, dass man sich über alles lustig machen kann (Tierschützer, Politiker, etc.), aber nicht über Religion. „Worüber sollte man sich sonst lustig machen, wenn nicht über Religion?“, so Broder. „Wann ist Ihnen die Empathie verloren gegangen, Herr Broder?“. Das würde wohl Herr Rether fragen.
Und jetzt? Natürlich beschleicht mich ein unwohliges Gefühl nur in Schleier gehüllte Menschen auf der Straße zu sehen. Aber auch fette McDonalds Deutsche machen mir Angst. Soll ich die Leute darauf aufmerksam machen? Polarisiere ich dann oder benenne ich nur die Wahrheit oder bedingen sich die beiden Elemente gar?
Will ich 100 Moscheen mehr in Berlin oder 100 McDonalds Stände? Nichts von beidem. Und wenn ich mich entscheiden müsste? Kann ich nicht. Ich bin zu gespalten. Natürlich möchte ich, dass Menschen in unser Land kommen, aber…Darf ich hier kein „aber“ setzen? Ist das schon wieder zynisch? Und warum stelle ich noch mehr Fragen als Steinbrück im Bundestag? Wahrscheinlich, damit jemand anders sie beantwortet. Jemand, der sich noch nicht so viele Gedanken gemacht hat. Jemand, der noch glaubt bei Verstand zu sein.

Autor: Ohrwurmuth

Anmerkung vom Wetterschaf: Ich veröffentliche diesen Text von Ohrwurmuth, weil er nicht die Zeit und Muße hat, des öfteren Texte zu verfassen, für einen eigenen Blog; und dies eine Seltenheit bleiben wird.

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